Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wir befinden uns gerade in der Vorbereitung zur Aufstellung unseres Haushaltes für das Jahr 2025. Dabei zeichnet sich ab, dass die Lage prekär ist – wie gegenwärtig in allen bayerischen und bundesdeutschen Kommunen. Es ist nicht übertrieben zu formulieren, dass wir vor den größten finanziellen Herausforderungen der letzten 20 Jahre stehen. Denn während die kommunalen Einnahmen allenfalls konstant bleiben oder gar leicht schrumpfen, wachsen die Ausgaben ungebremst von Jahr zu Jahr. Dies liegt zum einen an inflationsbedingten Kostensteigerungen, wie höheren Energiekosten, teureren Baukosten und massiv gestiegenen Tarifabschlüssen.
Die Aufwendungen für soziale Sicherung (Sozial- und Jugendhilfe) beispielsweise betrugen im Haushaltsjahr 2021 noch 10,04 Mio. Euro, im Jahr 2023 bereits 16,34 Mio. Euro und für das Haushaltsjahr 2025 steht ein Ansatz von 20,4 Mio. Euro im Raum. Binnen nur vier Jahren müssen wir also eine Verdoppelung unserer Aufwendungen hinnehmen, ohne (wesentlichen) Einfluss auf die Leistungen nehmen zu können. Zum anderen belasten unseren Haushalt aber auch die zahlreichen, durch Bund und Land vorgenommenen, politischen Entscheidungen. Vielen ist dies nicht bewusst: Aber als Landkreis sind wir auch für die Wahrnehmung von Aufgaben zuständig, die uns von Land und Bund übertragen wurden. Wir sind hierbei also ausführendes und stellenweise „mitzahlendes“ Organ der Entscheidung, können inhaltlich aber nicht mitreden. Ein Beispiel: Die Reform des Wohngeldes. Von der Bundesregierung beschlossen und am 1. Januar 2023 in Kraft getreten, führte diese zu einer erheblichen Ausweitung der Wohngeldleistungen. Dies führte bei uns als ausführende Behörde zu höherem Personaleinsatz und belastet hierdurch auch mittelbar den Kreishaushalt, auch wenn die primären Wohngeldleistungen von Bund und Land getragen werden. Betrug der Haushaltsansatz 2021 noch 124.800 Euro für 1,83 Vollzeitäquivalente beträgt der Ansatz für 2025 im Personalbereich Wohngeld nun 320.000 Euro für 5 Vollzeitäquivalente. Insgesamt zeigt die Statistik für ganz Bayern, dass im ersten Halbjahr 2024 die kommunalen Steuereinnahmen um 3 Prozent gesunken sind, während im gleichen Zeitraum die Ausgaben um satte 9,4 Prozent anwuchsen. Besonders eindrücklich: Die Ausgaben für die soziale Sicherung stiegen in besagtem Zeitraum gar um 15 Prozent. Die Entwicklung im Sozialbereich ist auch verantwortlich für die
zu erwartende Erhöhung der Bezirksumlage, die auf der Ausgabenerhöhung des Bezirks als überörtlicher Sozialhilfeträger beruht.
Einer zu erwartenden Erhöhung der Kreisumlage (bei Beibehaltung des Kreisumlagesatzes von 47,3 Prozent) von 3,74 Mio. Euro steht eine vermutliche Mehrbelastung durch die Erhöhung der Bezirksumlage um rund 6 Mio. Euro gegenüber (bei angenommener Erhöhung des Umlagesatzes um 2,95 Prozentpunkte). Dies bedeutet letztendlich eine Reduzierung der Einnahmen bei steigenden Ausgaben.
Hinzu kommt die äußerst schwierige Situation der Krankenhäuser, die die Übernahme von Rekorddefiziten durch die Landkreise notwendig macht. In den Jahren 2021 bis 2023 wendeten wir im Landkreis, für unsere beiden Häuser 9 Mio. Euro auf, um wenigstens einen Teil des Defizits auszugleichen, während das restliche Defizit bisher weiter aufläuft. In ganz Bayern belief sich besagter Betrag auf unglaubliche 1,2 Mrd. Euro. Und dass, obwohl die Finanzierung des laufenden Betriebs der Kliniken Aufgabe des Bundes ist. Dieser weigert sich aber beharrlich, die inflationsbedingten Mehrkosten der Jahre 2022 und 2023 voll auszugleichen. In der Gemeinschaft der kommunalen Klinikträger haben wir daher Klage eingereicht.
Kurzum: Die Finanzlage, der wir uns gegenübersehen, ist bedrohlich. Und nachdem sich die Wirtschaft in unserem Land, zu allem Übel, zeitgleich noch in einer Stagnationsphase befindet, und damit die Steuereinnahmen weiter zurückgehen werden, ist eine Trendumkehr auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Die Luft in den Haushalten, für dringend benötigte Investitionen in unsere Zukunft wird also sehr viel dünner. Wir müssen demnach hinterfragen, streichen und verstärkt priorisieren. In allen Haushalten. Und als Gesellschaft müssen wir uns sicher fragen, welche Standards, auch im sozialen Bereich, wir uns künftig noch leisten können. Wahrlich keine vergnügungssteuerpflichte Situation.
Gut 100 Tage bin ich nun im Amt. Unzählige Antrittsgespräche habe ich in dieser Zeit geführt, zugehört und viel gelernt. Zugleich wollte ich aber auch möglichst schnell erste Weichenstellungen vornehmen, die mir wichtig sind: Digitalisierung und Bürgerfreundlichkeit des Amtes, Verbesserung des ÖPNV, Wirtschaftsförderung sowie ein enger Draht zu den Fraktionen und Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern in unserem schönen Landkreis. Diese kleine Kolumne ist Teil davon. Schließlich bin ich dankbar, wie gut ich im Landratsamt aufgenommen wurde. Ich habe ein tolles Team mit vielen engagierten Kolleginnen und Kollegen vorgefunden. Überdies ist das Miteinander im Kreistag und in der Bürgermeistergemeinschaft geprägt von gegenseitigem Respekt, parteiübergreifendem Denken und dem Willen zum Wohle des Landkreises zu handeln. In diesem Miteinander bin ich mir sicher, wird es uns gelingen, auch durch schwierigere Fahrwasser zu manövrieren. Ich werde jedenfalls alles daransetzen, diesen Chorgeist zu bewahren und weiter zu fördern.
Herzliche Grüße
Ihr
Christian von Dobschütz
Markt Emskirchen, 05.11.2024 - js