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Schenk ihm dein Herz! - Neujahrskonzert 2020

Es ist ein guter Start in ein neues Jahr, wenn das Ensemble KlangLust! mit seiner Spielfreude und Begeisterung mitreißt und zum Jahresbeginn in eine Welt der Musik entführt, die noch einmal alles bevorstehende Ungewisse und vielleicht auch Schwere vergessen lässt.  

Das Publikum weiß dies zu schätzen und hat deshalb die Emskirchner St. Kilianskirche gut gefüllt und lauschte gespannt, was der Professor für Violine Michael Bochmann an den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr mit den Musikerinnen und Musikern erarbeitet hat.
Das Kammerorchester KlangLust!, bestehend aus aktiven und ehemaligen Mitgliedern der Jungen Fürther Streichhölzer, sowie in den Führungspositionen aus Musikstudenten und Profimusikern, spannte einen weiten musikalischen Bogen von der Barockzeit über die Wiener Klassik und die Spätromantik hinaus bis ins 20. Jahrhundert.  

Barocke Virtuosität zeigt KlangLust! gleich zu Beginn des Konzertes mit dem Concerto Grosso in g-moll von Antonio Vivaldi.  Dieses erschien erstmals 1711 zusammen mit 11 weiteren Concerti beim Amsterdamer Verlagshaus Roger in der Sammlung „L’estro armonico“, welche Vivaldis europaweiten Ruhm begründete und weitreichenden Einfluss auf die Entwicklung der Konzertform des 18. Jahrhunderts hatte. Vivaldis Concerto in g-moll beginnt mit dissonanten Akkorden, die passend zur Jahreszeit winterlich erstarrt scheinen. Diese Schwere und winterliche Melancholie fegt KlangLust! sogleich mit dem furiosen Allegro des folgenden Satzes hinweg. Nur kurz wird ein Atemholen in dem punktierenden Dreierrhythmus des Larghettos gegönnt, bevor Michael Bochmann das Concerto mit der frischen, wirbelnden Giga des letzten Satzes enden lässt.

Mit dem zweiten Beitrag des Abends überrascht KlangLust!, da er stimmungsmäßig zunächst gar nicht zu einem fröhlichen Neujahrsprogramm zu passen scheint. Der künstlerische Leiter des Ensembles, Bernd Müller, erinnert an die 75. Wiederkehr des Kriegsendes in diesem Jahr und mahnt, dass zum Blick in die Zukunft immer auch ein Blick in die Vergangenheit gehört, um zu erkennen, wie gut es uns eigentlich geht. Besonders eindrücklich ist, dass sich am Tag des Konzertes auch der Untergang Nürnbergs im Bombenhagel des 02. Januars 1945 jährt. Ähnlich wie Nürnberg erging es wenige Wochen später auch Dresden. Nicht nur Thomaskantor Rudolph Mauersberger war vom Anblick seiner zerstörten Stadt so erschüttert, dass er die Trauermotette „Wie liegt die Stadt so wüst“ nach den Klageliedern des Jeremias komponierte. Auch Dimitri Schostakowitsch erblickte 15 Jahre später bei seinem Aufenthalt nahe Dresden noch immer die Spuren des Krieges – die Frauenkirche zum Beispiel lag noch immer in Ruinen – und komponierte unter diesen Eindrücken das Streichquartett Nr. 8. Zumindest wurde es von Moskauer Ideologen seinerzeit so dargestellt. Doch allgemein gilt es, nicht zuletzt aufgrund brieflicher Äußerungen Schostakowitschs, als ein sehr autobiographisch geprägtes Werk, ein Requiem des Komponisten für sich selbst, geprägt von Schwermut und Klage. Diese Annahme wird vor allem unterstützt durch den leitmotivischen Einsatz des Motivs D-Es-C-H, die Initialen des Komponisten. Im Konzert zu hören war allerdings nicht das genannte Streichquartett Nr. 8, sondern eine Bearbeitung für Streichorchester des mit dem Komponisten befreundeten Rudolf Barschai.  Schostakowitsch erkannte diese Bearbeitung an, die als Kammersymphonie op. 110a in sein Werksverzeichnis aufgenommen wurde.

Nach diesem seelenschweren Beitrag gelang es KlangLust!, mit lyrischen Melodien und ausdrucksstarken Phrasen der „Air“ von Arthur Foote zu beruhigen und zu entspannen.  In Europa wenig bekannt, gilt Foote allgemein als der erste amerikanische Komponist, der vollständig in den Vereinigten Staaten ausgebildet wurde.

Nach einer kurzen Pause, die dem Orchester zur Erholung und dem Publikum zum Plausch und Austausch von Neujahrswünschen diente, setzte Klanglust sein Programm mit dem Großmeister der Wiener Klassik fort.

Die Fachliteratur unkt, Mozarts 30. Symphonie sei im Vergleich zu ihren Salzburger Schwestern zu „normal“, ja mangels Finalsatzes gar „rückschrittlich“. Aber auch hier macht das Ensemble seinem Namen „KlangLust!“ alle Ehre, musiziert mit jugendlicher Spielfreude und Verve ebenso wie mit Anmut und Eleganz und macht aus der weniger geschätzten Symphonie Nr. 30 ein Mozartsches Kleinod, das mit einem unerwarteten Ende im Piano seinen Überraschungseffekt bis ganz zum Schluss aufspart.

Der musikalische Leiter des Abends, Michael Bochmann ist international anerkannter Solo-Violinist und Pädagoge. Zu seinen vielen künstlerischen Höhepunkten zählt u.a. eine Konzerttournee durch USA und Kanada, bei der er das Doppelkonzert von Johann Sebastian Bach zusammen mit Sir Yehudi Menuhin spielte. Dennoch fällt auf, dass das diesjährige Konzertprogramm keine Werke für Solovioline enthält. Bochmann ordnet die ihm eigene Virtuosität und künstlerische Größe ganz dem Ensembleklang unter und rückt damit als Mentor und Lehrer das Kammerorchester KlangLust! in den alleinigen Mittelpunkt. Auch das ist bemerkenswert an diesem Konzert.

Zum Abschluss des Konzertes ergänzt Markus Simon mit seinem warmen und zugleich kraftvollen Bassbariton das Klangspektrum. Der aus dem benachbarten Langenzenn stammende Lehrer, Kantor, Sänger und Mitbegründer von Klanglust! singt, einfühlsam begleitet vom Ensemble, vier Lieder aus dem Zyklus „Weihnachtslieder op. 8“ von Peter Cornelius. Hervorzuheben, wohl auch weil am bekanntesten, das Lied von den drei Königen. KlangLust intoniert dabei den Choral „Wie schön leucht‘ uns der Morgenstern“, über dem Markus Simon quasi rezitativ den von Cornelius selbst verfassten Text singt, der im feinen Piano und mit der ergreifenden Bitte endet: „Schenk ihm dein Herz!“

Lange, kraftvoll und zum teil stehend zollte das Publikum den Künstlern des Abends dankbar Applaus. KlangLust! dankte seinerseits mit einer Zugabe namens „Molly on the Shore“ von Percy Grainger, einem schwungvollen Irish Reel (Volkstanz). Vom nicht enden wollenden Applaus offenbar überrascht folgte abschließend noch einmal Cornelius‘ „Die Könige“.

Das Emskirchner Neujahrskonzert war erneut eine musikalische Höchstleistung von KlangLust! unter der musikalischen Leitung des Abends von Michael Bochmann, der künstlerischen Leitung von Bernd Müller und dem musikalischen Gast des Abends, Markus Simon. Musik auf hohem künstlerischem Niveau kann auch abseits großer Bühnen und subventionierter Häuser stattfinden, wenn engagierte Veranstalter und großzügige Förderer sich zusammentun, so wie alljährlich für das Neujahrskonzert der Markt Emskirchen und die Sparkasse im Landkreis.

Wir freuen uns auf ein Neujahrskonzert 2021 mit KlangLust!.

Markt Emskirchen, 03.01.2019 - js

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