Die Tradition der Wanderjahre, heute immaterielles Kulturerbe der UNESCO, gibt es schon seit dem Mittelalter. Nach der Lehre gingen die jungen Gesellen auf Wanderschaft, um neue Techniken zu erlernen und Lebens- und Berufserfahrung zu sammeln. Das war auch Voraussetzung für die Zulassung zur Meisterprüfung.
Die Wanderschaft hat sich bis heute gehalten, wenn auch nur noch wenige hundert Wandergesellen sich auf ihren Weg machen. Drei Jahre und einen Tag müssen sie mindestens reisen und dürfen dabei ihrem Heimatort nie näher als 50 Kilometer kommen. Zu erkennen sind sie schon von Weitem an ihrer Kluft, deren Tragen Pflicht ist. Dazu gehören ein Hut als Zeichen des freien Mannes, die Hose mit Schlag aus grobem Cord, die Weste mit acht Perlmutt-Knöpfen (Symbol für 8-Stunden-Tag) und das Jackett mit 6 Perlmuttknöpfen (Symbol für 6-Tage-Woche), ein weißes Hemd und der „Stenz“, der Wanderstab. Das wenige Hab und Gut ist in einem Tuch eingewickelt („Charlottenburger“).
Der wichtigste Gegenstand, den jeder Wandergeselle mit sich führt, ist sein Wanderbuch. Es ist ein unersetzliches Dokument der eigenen Wanderschaft und nach deren Ende auch wichtigstes Erinnerungsstück. In diesem werden in der Regel nur Arbeitszeugnisse sowie die Städtesiegel der besuchten Ortschaften eingetragen, nachdem bei deren Bürgermeistern mit dem traditionellen Handwerksgruß „zünftig um das Siegel vorgesprochen“ wurde.
Mit eben diesem Spruch stellten sich heute auch ein Tischler- und ein Zimmerergeselle bei Bürgermeisterin Sandra Winkelspecht vor. Neben dem erbetenen Siegelstempel erhielten sie auch einen kleinen Obolus für Proviant und die besten Wünsche der Bürgermeisterin mit auf ihren Weg.
Markt Emskirchen, 18.10.2024 - js